Faul sein wie Pippi – ein Weg aus der Leistungsgesellschaft?

Gerade habe ich mir die Zeit damit vertrieben, die Whatsapp Profilbilder meiner Kontakte durchzusehen. Als hätte ich nichts besseres zu tun, möchte man meinen. Und soeben hatte ich tatsächlich wohl nichts besseres zu tun. Anstatt in diesem Fall einfach mal nichts zu tun, zücke auch ich, die sich mit dem Umgang digitaler Medien wohl mehr als andere beschäftigt, manches mal- wenn auch unnötigerweise – mein Smartphone. Heute sollte es nicht unbedingt „falsch“ gewesen sein, bot mir dieser Griff doch Inspiration zu folgenden Zeilen: Während ich das Handy in der Hand halte und die Inhalte meiner Messenger-Dienste durchforste, liegt neben mir ironischerweise eine aktuelle österreichische Tageszeitung. Die Sonntags-Schlagzeile lautet „Die Kunst des Nichtstuns“. Gedruckt auf ein Bild eines scheinbar wolkenlosen Himmels. Doch wann ist der Himmel schon wolkenlos, wann unsere Umgebung derart ruhig?

Wann ist Gelassenheit einfach? Wann können wir uns tatsächlich in eine angenehme Ruhe begeben. © youtube
Wann ist Gelassenheit einfach? Wann können wir uns tatsächlich in eine angenehme Ruhe begeben. © youtube

Nichtstun inmitten einer reizüberfluteten Umwelt fällt auch mir von Zeit zu Zeit schwer. Ich scrolle also weiter durch meine aktuellen Chats und komme dabei beim Profilbild meiner Mama zum Innehalten. Normalerweise ziert den kleinen Kreis neben ihrem Namen ein Familienfoto, heute erkenne ich darin jedoch einen Spruch. „Und dann muss man ja auch noch Zeit haben, einfach dazusitzen und vor sich hin zu schauen“. Ich kenne dieses berühmte Zitat einer noch berühmteren Kinderbuch-Autorin bereits. Astrid Lindgren prägte meine Kindheit mit Werken wie „Wir Kinder aus Bullerbü“ oder den vielen spannenden Geschichten der wilden „Pippi Langstrumpf“. Letztere war es auch, die den zitierten Ausspruch wohl während einer ihrer wenigen „ruhigen“ Tage in der Villa Kunterbunt tätigte. Und vorneweg übrigens feststellte, dass „faul sein wunderschön sei.“

Obwohl ich Pippi zustimmen würde, versuche ich mich zurückzuerinnern, ob es Astrid Lindgrens „Kindern aus der Krachmacherstrasse“ wohl auch gelungen war, einfach mal dazusitzen und nichts zu tun. Und ist es denn der Tochter des Seefahrers Langstrumpf je wirklich gelungen? Wann kommt die Einsicht, alles auch mal „Sein“ zu lassen? Ab welchem Entwicklungsstadium merken wir Menschen um die Wichtigkeit unserer langen Weile? Und ist das „faul sein“ denn die richtige Botschaft, um einfach mal nichts zu tun? Stellt sie nicht eher eine Eigenschaft dar, die sich in unserer gegenwärtigen Leistungsgesellschaft kaum noch jemand zu Schulden kommen lassen möchte?

Welcher Weg ist der richtige? Jedenfalls der, der aus den Extremen unserer Zeit führt. © youtube
Welcher Weg ist der richtige? Jedenfalls der, der aus den Extremen unserer Zeit führt. © youtube

Ich persönlich denke, dass es nicht das vollkommene Nichtstun sein muss, dass wir alle unbedingt erlernen müssen. Ich denke die Kunst des heutigen Lebens liegt erstmal in der Fähigkeit, weniger in kurzer Zeit schaffen zu wollen. In Extremen zu denken und von der 80-Stunden-Woche in das wohlverdiente Waldbad überzugehen ist meines Erachtens nach ein sehr kurzweiliger Weg, um Gelassenheit und Ruhe erlernen zu können. Vor allem ist es ein Weg, der mir nur für wenige Menschen passend und machbar erscheint. Die Gelassenheit im Miteinander zu schulen, finde ich zwischenzeitlich sogar wichtiger. Schließlich gibt es Menschen, die lieber „funktionieren“, als sich mit der Stille, um sich selbst zu beschäftigen. Die damit in erster Linie nicht schaden wollen, sondern eine Lebensart praktizieren, die sie nicht zu schlechteren Menschen macht. Im Gegenteil, vielleicht machen es diese Menschen wie die rasenden Kinder aus Lindgrens „Krachmacherstrasse“, um nicht angehalten und nach der richtigen Richtung gefragt werden zu können. Denn wer kennt die schon…

Über mich
Als Psychologin arbeite ich in den Bereichen der Sport- und der Arbeitspsychologie. Zudem befinde ich mich in Ausbildung zur klinischen Psychologin unter Supervision. Meine psychologische Praxis befindet sich in Tirols Hauptstadt Innsbruck, wobei ich auch als „mobile Psychologin“ österreich- und deutschlandweit unterwegs bin. In meiner psychologischen Arbeit setze ich mich vermehrt mit dem Gebrauch digitaler und sozialer Medien auseinander und schenke auch der modernen Kommunikation zunehmend Beachtung. Ganz abgesehen von den Bildschirmen, die sich um uns befinden bin ich auch sehr gerne von „realen“ Menschen umgeben und würde mich selbst als kommunikativ und offen bezeichnen. Als Psychologin schreibe ich über meine Gedanken, verfasse psychologische (Audio-)Blogs für diverse Portale, gebe Literaturempfehlungen in Form meiner Lesezeichen  und freue mich über Rückmeldungen zu meinen geschriebenen Worten.

Solltet ihr noch Fragen zu meiner Person oder meinen Leistungen haben, könnt ihr mich gerne unter johanna@constantini.at kontaktieren! Ich freue mich auch über euren Besuch auf meiner Webseite und auf meinen Social Media Kanälen!

www.constantini.at
www.facebook.com
www.instagram.com